Wir Freie Wähler haben erwartet, dass unser Oberbürgermeister zumindest ansatzweise seinem Wahlprogramm in Sachen „solide Finanzen“ aus dem Jahre 2012 folgt. Ich zitiere: „…Derzeit sind die Konjunktur und damit die Entwicklung der städtischen Finanzen positiv zu bewerten. Damit dies so bleibt, müssen aber gezielte Anstrengungen im Bereich des Schuldenabbaus betrieben und der Investitionsbegriff neu interpretiert werden. Mit einem sinnvollen und nach Prioritäten gesteuerten Schuldenabbau können wir die finanzielle Leistungs- und Handlungsfähigkeit der Stadt nachhaltig sichern. Ich strebe innerhalb der kommenden acht Jahre einen schuldenfreien städtischen Haushalt an.“
Leider enthält der vorliegende Haushaltsentwurf unseres Oberbürgermeisters viel „Wunschkonzert“, aber nichts zur Sanierung des Haushaltes.
Wo ist der Mut, seinen Worten Taten folgen zu lassen?
Schulden sind Zeitbomben
Ich hatte bereits vor zwei Jahren einen Artikel aus dem Stadtmagazin INKA zitiert, in dem zu lesen war: „Zu beneiden ist der neue OB nicht bei seiner Sisyphusaufgabe, die heillos gespaltene Stadt zu versöhnen, Altlasten wie die Folgen des U-Strab-Baus zu minimieren und vor allem die „Schattenbanken“ der Stadt in den Griff zu bekommen: städtische GmbHs, die sich so verselbstständigt haben, dass sie den ganzen Konzern Stadt in schwerste Schieflage bringen können.“
Vergebliche Warnungen! Denn die Verschuldung der städtischen Gesellschaften hat – wie vorhergesagt – die Milliardengrenze überschritten! So stiegen diese von 773 Millionen Euro im Jahr 2008 – über 906 Millionen Euro im Jahr 2012 auf aktuell geschätzte 1.042 Millionen Euro und die Prognose für das Jahr 2016 sieht eine weitere Steigerung von 500 Millionen vor. Dagegen sind die aktuellen Kreditverbindlichkeiten des Kämmereihaushaltes mit 117 Millionen Euro die reinsten Peanuts.
Wir Freie Wähler halten einen Haushalt, der die Milliarde Euro Kreditverbindlichkeiten überschreitet, nicht für solide und schon gar nicht für kontrollierbar! Dem Argument, dass den Verbindlichkeiten Werte gegenüberstehen setze ich entgegen: Betongold ist kein Gold! Die Europahalle und der Zustand vieler Gebäude, Straßen und Brücken zeigen das überdeutlich. Anders als Gold zerbröselt Beton und Stahl oxidiert. Der laufende Instandhaltungsbedarf spricht eine deutliche Sprache.
Wann, wenn nicht jetzt, beginnen WIR diese Zeitbombe zu entschärfen? Wo bleibt die Entschlossenheit, hier Taten folgen zu lassen?
Transparenz im Verwaltungshandeln schafft Vertrauen
Die Kombilösung ist ein Fass ohne Boden – unaufhaltsam wird hier die Kombination von unkalkulierbaren finanziellen Risiken mit den allgegenwärtigen Belastungen für die Bewohner, den Einzelhandel, Kunden und Besucher unserer Stadt zum größten Risiko für unseren Haushalt.
Wo bleibt die Bereitschaft, einzugestehen, dass die Kritiker dieses Projektes – wie wir Freie Wähler – recht behalten sollten, als wir immer wieder vor der größten finanziellen und verkehrstechnischen „untragbarsten“ Fehlentscheidung unserer Stadtgeschichte warnten?
Nun werden WIR daran nichts mehr ändern können. Aber wir müssen alles daran setzen, die Attraktivität und Erreichbarkeit der Innenstadt trotz der widrigen, unverantwortlich herbeigeführten Umstände zu optimieren. Wir dürfen den Einzelhandel nicht allein lassen und müssen dabei auch zweckgebunden und zeitlich begrenztes kostenfreies Parken in der Innenstadt anbieten.
Ein gut gemeinter Rat an alle „Hardcore-Fans“ der Kombilösung: Angesichts – immer noch fehlender – Förderzusagen von Bund und Land für die ständigen Kostenüberschreitungen sollten Sie sich ernsthaft überlegen, ob Sie nicht einen Spendenfond einrichten, damit dieses Projekt auch dann zu Ende geführt werden kann, wenn uns die öffentlichen Gelder ausgehen sollten!
Wenn WIR etwas aus der Kombilösung lernen, dann leider aus den Fehlern. Zukünftig müssen WIR die Allgemeinheit früher und stärker einbinden, wenn und soweit sie von Projekten betroffen ist. Nach dem Motto „Transparenz schafft Vertrauen“ sollten WIR Verträge und Gutachten, Dienstanweisungen und Baugenehmigungen für die Bürger kostenlos im Internet zugänglich machen. Hierzu haben wir Freie Wähler bereits vor zwei Jahren ein Informationsregister angeregt.
Damals fehlte den hierfür Verantwortlichen der Wille, unserem Vorschlag Taten folgen zu lassen. Es wird Zeit dieses nun endlich nachzuholen, denn es steht außer Frage, dass die Publikation von Informationen ein wirksames Mittel für Vertrauen und Bürgernähe und gegen Steuerverschwendung ist.
Gewerbesteueranhebung: ein falsches Signal
Um für die aktuellen Probleme und die bevorstehenden Veränderungen gut gewappnet zu sein, muss der oft zitierte Spagat zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Ökologie gelingen. Industrie, Handel und Gewerbe bringen der Stadt Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. Um aber auch die großen sozialen Aufgaben weiterhin zu bewältigen, ist es notwendig, die Mittel gerecht und mit Augenmaß einzusetzen.
Es darf aber nicht dazu kommen, dass WIR die „Kuh die uns nährt, verenden lassen“. Daher halten wir Freie Wähler eine Gewerbesteueranhebung um 20 auf 430 Hebesatzpunkte für überhöht und werden diese nicht mittragen. Es wäre ein falsches Signal, erst recht vor dem Hintergrund, dass die Umlandgemeinden wie Baden-Baden und Bretten bei derzeit 380 und Bruchsal und Ettlingen sogar weit darunter liegen. Wollen wir unsere Unternehmen ins Umland verlieren? Wir Freie Wähler wollen das gewiss nicht!
Doppelstrukturen erkennen und abbauen
Statt auf Steuererhöhungen zu setzen, sehen wir Freie Wähler in einem gerechten und vorausschauenden Umgang mit Ressourcen und dem Beseitigen von Doppelstrukturen eine wichtige Aufgabe, um zukünftigen Steuererhöhungen und zusätzlicher Verschuldung entgegen zu wirken. Unter diesem Aspekt sollten WIR auch nicht davor zurückschrecken, einen kritischen Blick auf die städtischen Gesellschaften, Stiftungen und Verbände zu werfen und die Rückführung der städtischen GmbHs anzustreben.
Bürgerschaftliches Engagement
Wir Freie Wähler sehen in der Stärkung des ehrenamtlichen Engagements eine der wichtigsten Aufgaben der Kommunalpolitik. Kein Verein kann ohne seine vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer existieren. Auch die vielen Aktionen zum 300sten Stadtgeburtstag wären ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer nicht realisierbar. Und immer wichtiger wird die Einbindung von Ehrenamtlichen dort, wo Bund und Land bei der Bewältigung von Aufgaben versagen, die aufgrund von Kriegen und anderen Katastrophen auf der ganzen Welt auf uns zukommen – wie ganz akut bei der Flüchtlingshilfe.
Diesen Menschen und ihren Anliegen müssen wir unsere Aufmerksamkeit und Unterstützung zuteil werden lassen. Ohne freiwillige Helfer kann das nicht gelingen! Ihnen gebührt unsere höchste Anerkennung!
In diesem Zusammenhang gestehe ich gerne, dass ich stolz auf das bin, was unsere Stadt für die Flüchtlinge ungeachtet aller logistischen und organisatorischen Probleme leistet. Ich erkenne allerdings auch, dass ein ununterbrochener Zustrom sozialen Zündstoff für unsere Kommunen in sich birgt. Menschen aus Krisengebieten setzen ihre Hoffnungen zunächst einmal auf Europa, nicht nur auf Deutschland. Ich finde daher, dass hier keine nationalstaatlichen, sondern gesamteuropäische Bemühungen gefragt sind. Wir verlangen dringend eine europäische Strategie und eine Kostenverlagerung von den Kommunen nach Brüssel.
Sicherheit der Bürger stärken
Karlsruhe ist eine prosperierende Stadt mit all ihren Licht- aber auch Schattenseiten wie Wohnungsnot, Kriminalität und Vermüllung. Wo bleibt der Mut, verstärkt gegen organisierte Bettel- und Diebesbanden vorzugehen? Schon im Mai des letzten Jahres haben wir Freie Wähler in einem Offenen Brief an die Medien auf die Einbruchsserie im Umland und in Durlach-Aue hingewiesen und Abhilfe gefordert. Seither kann man den Eindruck gewinnen, dass in den Medien nun fast täglich über Einbrüche, Überfälle und Diebstähle berichtet wird. Hier müssen wir als Kommune dringend das Land in die Pflicht nehmen. Wenn das Land hier versagt, müssen wir als Stadt den Mut haben, den Kommunalen Ordnungsdienst qualitativ und quantitativ weiter zu stärken, bevor Bürger die Initiative ergreifen und sich selbst zur Wehr setzen! Hier stehen wir in der Pflicht, für die Sicherheit der Bürger zu sorgen und ihnen die Ängste vor diesen Gefahren zu nehmen!
Investitionen sorgfältig abwägen
Anstatt zahlreiche, unausgegorene Konzepte aus dem Ärmel zu schütteln, wie das zur „Durlacher Allee“, das bereits zum Zeitpunkt seiner Vorstellung durch die Ansiedlung der „dm-Zentrale“ überholt war, sollten WIR lieber klare Prioritäten in Sicherheit, Bildung, Lärmschutz, Inklusion, Wohnraumförderung und in die Behebung der
Probleme der Verkehrsinfrastruktur setzen. Auch sollten wir den Willen haben, mehr Wert auf den Erhalt unseres historischen Stadtbildes zu legen, anstatt Investitionen in Prestigeprojekte voranzutreiben. Allein aus der Verantwortung unseren Bürgern gegenüber und nach den Erfahrungen aus der Vergangenheit sollten wir diese Position nochmals auf den Prüfstand stellen.
Mut seinen Worten – Taten folgen zu lassen
Zum Schluss noch eine Empfehlung: WIR sollten die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen und
ihnen die Möglichkeit geben, ihre Anliegen auf Augenhöhe mit der Verwaltung vorbringen zu können. Erst dann kann Bürgerbeteiligung zu einem wichtigen und ernst zu nehmenden Bestandteil der Stadtentwicklung werden.
Ein gelungenes Beispiel war die Konsenskonferenz zur Biomüllverwertung. Diesem Vorbild sollten weitere folgen.
Lassen Sie uns den MUT haben, unseren WORTEN TATEN folgen zu lassen und halten wir es wie Walt Disney, der einst sagte:
„Verweile nicht lange im Gestern.
Gib niemals auf, öffne Türen und entwickle neue Ideen,
weil wir neugierig sind…
Die Neugier ist es, die uns auf neue Wege bringt…“
Es wirkten mit:
Petra Stutz
Lars Dragmanli
Hans-Christian Arzt
u.a.